Petra Kolářová

„Der vieldeutige Gesichtsausdruck“ von Jan Evangelista Purkyně

205–217 (tschechisch), Resumé S. 216–217 (deutsch)
Eine Serie von Photographien, die Jan Evangelista Purkyně mit verschiedenen Gesichtsausdrücken von sich selbst aufgenommen hat, gilt als Beleg seines Interesses am Studium der menschlichen Physiognomie. Von den vor 1861 entstandenen angeblich insgesamt 60 Photos ist nur ein Bruchteil erhalten geblieben, und Purkyně selbst hat zu dieser Kollektion keinen erklärenden Kommentar hinterlassen. Der Beitrag versucht zu rekonstruieren, wie diese Sammlung ursprünglich wahrscheinlich ausgesehen hat und in welchem Kontext sie zu interpretieren wäre. Purkyně ist vom Standpunkt des Physiologen und Psychologen an das Studium der menschlichen Leidenschaften herangegangen und hat im Unterschied zu der damals beliebten Phrenologie Galls und Physiognomie Lavaters seine Aufmerksamkeit auf die menschliche Mimik im Zusammenhang mit der subjektiven Empfindung eines Individuums gerichtet. Aus der Analyse der Texte Purkyněs geht hervor, dass diese Kollektion von Photographien nach seinem eigenen, bereits im Jahre 1828 präsentierten System von sieben elementaren Leidenschaften konzipiert war. Die Verwendung einer photographischen Aufnahme als Mittel zur Erforschung des menschlichen Gesichts bei Purkyně kann man mit ähnlichen Versuchen in verschiedenen Disziplinen der damaligen Wissenschaft vergleichen, die sich mit den menschlichen Emotionen beschäftigt haben (Duchenne de Boulogne, Charles Darwin) sowie auch mit der Tradition der Darstellung der menschlichen Leidenschaften in der Malerei (Charles Le Brun). Der Ansatz Purkyněs zum Studium der menschlichen Ausdrucksvarianten ist seiner Methode der Selbstbeobachtung entsprungen, wobei er das wissenschaftliche Ziel mit der schauspielerischen Autostilisierung verbunden hat. Ähnlichem kann man z. B. auch bei Albert Borée oder Fritz Möller an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert begegnen, die die menschlichen Ausdrucksmöglichkeiten aufgrund von Selbstinszenierungen studiert haben. Im Jahre 1869 waren die physiognomischen Studien Purkyněs als Photographien im Visitkartenformat verbreitet. So sind sie auch in den Kontext der populären Unterhaltung eingegangen, die vom menschlichen Gesicht ebenfalls fasziniert war, wie schließlich auch die Anfangsjahre des Filmes (Josef Šváb-Malostranský) beweisen.
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