Tomáš Korbel

Zwischen romantischer Imagination und dokumentarischer Reise. Bild der Sorbischen Landschaft im 19. Jahrhundert aus der Sicht mitteleuropäischer Reisender

S. 223–234 (tschechisch), 234–235 (deutsch)

Das Bild der sorbischen Landschaft, in deren Raum sich im 19. Jahrhundert die Lausitzer-serbische (slawische), die sächsische (Land-) und die preußische (Staats-)Identität vermischt, war nicht einheitlich und variierte je nach nationaler und sozio-professioneller Zugehörigkeit des Betrachters. Aus dem Text geht hervor, dass jeder der Reisenden seine eigene Perspektive projiziert und diejenigen Komponenten hervorgehoben hat, die für ihn im Hinblick auf die Ziele seiner Bestrebungen wesentlich waren. Ľudovít Štúr hat am Ende der 1830er Jahre die Situation der verschwindenden slawischen Nation in Deutschland durch das Prisma der slawischen Wechselseitigkeit betrachtet, weshalb er sich in seiner Darstellung vor allem auf die Gegenwart konzentriert und die emotionale und mythische Komponente der Erzählung unterdrückt hat. Der Kampf der Sorben gegen den Druck der Germanisierung auf vielen Ebenen des politischen, sozialen und kulturellen Lebens wurde für ihn zu einer Inspiration und führte zu einem Vergleich mit der Situation des nationalen Selbstbewusstseins des slowakischen Ethnikums. Dies hat auch die Auswahl von Erinnerungsorten beeinflusst, die an die einst ruhmreiche slawische Vergangenheit erinnern. Ähnlich wie bei Štúr überwiegt auch bei dem anonymen „Pilger", einem Mitglied des Klubs der tschechischen Touristen, mehr als ein halbes Jahrhundert danach das Motiv der Suche nach einer idealen „slawischen" Landschaft. Die wurde allerdings bereits im Hinblick auf die Position des Autors und die aktuellen nationalpolitischen Bedürfnisse der tschechischen Nationalbewegung auf die Ebene der Suche nach gemeinsamen „protestantischen" Traditionen der alten Lausitz verschoben, die bis zum Dreißigjährigen Krieg zu den Ländern der Böhmischen Krone gehört hat. Im Mittelpunkt seiner Beschreibung steht somit die protestantische Siedlung Herrnhut/Ochranov und ihre Umgebung, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts von tschechischen Exilanten gegründet wurde. Einen völlig anderen Blick auf die Landschaft bieten die Werke deutscher Wissenschaftler und Reisender, die sich im 19. Jahrhundert zwischen einem neutralen „wissenschaftlich-aufklärerischen" Ansatz (Johann Wolfgang Goethe) zu einem „national-stimulierenden" Interesse (Karl Benjamin Preusker, Alfred Moschkau) bewegten, und sich zu einem bewussten Bestreben nach „Germanisierung" und Assimilation der Sorbischen Landschaft (Richard Andree) verändern. Diese Veränderungen im Blick auf die Lausitz kopieren de facto die Drei-Phasen-Typologie der Nationalbewegung nach Miroslav Hroch.

Schlüsselwörter: Ober- und Niederlausitz - Sorben - Erinnerungsorte - das Bild der Landschaft- Reisebeschreibung - Tourismus - nationale Bewegung - Nationalismus - Ľudovít Štúr - Klub Tschechischer Touristen - deutsche Reflexion der Lausitz

 

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