Petr Čornej

Kommunikation und Isolation: zwei Pole desselben Problems?

S. 446-454, Zusammenfassung S. 12

Der letzte Beitrag des Symposiums befasst sich mit dessen Ergebnissen und stellt sich die zentrale Frage, warum sich die Mehrheit der Referierenden auf die Problematik der Kommunikation konzentriert und das Phänomen der Isolation vernachlässigt habe. Es mag daran gelegen haben, dass in der Gegenwart die Kommunikation für einen (positiven) Wert gehalten wird, der den Gedanken- und Warenaustausch, das gegenseitige Kennenlernen von unterschiedlichen Kulturen und Mentalitäten (auch in der Form von Reisen, bzw. Tourismus) ermöglicht, während die Isolation, Geschlossenheit, Einsamkeit als etwas Negatives wahrgenommen wird. Im Prozess des Formierens der kleinen europäischen Völker, die ihre Existenz für natürlich, dennoch nicht selbstverständlich hielten, begegnet man im 19. Jahrhundert einer zweifellosen Tendenz zur Geschlossenheit, die einem Schutz- und Verteidigungsmechanismus, einem Ausdruck der Befürchtungen vor dem Einverleiben der frisch konstituierten modernen Nation und ihrer Kultur durch deren mächtigere Nachbarn glich. Dieser Trend war kennzeichnend auch für die tschechische Erneuerungs-und Posterneuerungskultur, deren Hang zum „Sich-abschliessen" permanent durch die Bemühungen ausgewogen wurde, die andere Welt von eigener Bedeutung und nicht minderem Beitrag zu überzeugen. Die Vorstellung von der eigenen Exklusivität stimmte übrigens mit der Realität keineswegs überein, denn alle tschechischen gebildeten Menschen waren des Deutschen kundig, waren durch die deutsch-österreichische Kultur beeinflusst, mit der sie kommunizierten, die ihnen aber auch Wissen und Erkenntnisse der fernen Länder vermittelte, auf die (Kultur) sie reagierten. Zum Überschreiten des mitteleuropäischen Horizonts wie auch zum Interesse an der romanischen, v. a. französischen Welt, kam es erst im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. Eine ähnliche Neigung zur Isolation und Flucht vor Realität machten sich auch bei sensitiven Individuen bemerkbar, denen der jähe Andrang der modernen und ambivalenten Welt zu schaffen machte, wovon etliche Tagebücher und vor allen Dingen die Korrespondenz Zeugnis ablegt. Im letzten Teil des Beitrags findet der Autor Analogien zwischen der Situation der Menschen am Ausgang des 19. Jahrhunderts und an der Schwelle zum dritten Jahrtausend vor, wo die massive Entwicklung der auf der digitalen Technologie beruhenden Kommunikation, der Fortschritt der Verkehrsinfrastruktur (insbesondere das Straßen- und Autobahnnetz) das Leben zwar in mancher Hinsicht erleichtert und beschleunigt haben, doch zugleich zur Zerstörung der Natur, zum Zerreissen der traditionellen zwischenmenschlichen Bindungen beigetragen und den Menschen weder Raum noch Zeit übriggelassen haben, über sich selbst wie auch über die sich so schnell verwandelnde Welt nachzudenken.

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Ústav pro českou literaturu AV ČR
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